Realismus Leipziger Schule - Tübke - Mattheuer - Ziegler

20.11.2022 - 04.02.2023

Letzte Dinge & frühe Taten - Tübke, Mattheuer, Ziegler - drei Meister aus Leipzig


Es gibt in der Bilderwelt der großen Leipziger Figurenmaler ein gemeinsames Credo – bei der Bewertung eines Werkes zählen weder Moden, Rankings noch weltanschauliche Intentionen, sondern es zählt ganz allein die künstlerische Qualität! Dieses Prinzip galt in der DDR, wo sich die Leipziger gegen die Ideologisierung ihrer Malerei zur Wehr setzten. Und dieses Prinzip hat noch heute Bestand, zumindest bei den Besten, die sich dem kommerziellen Prägedruck der Moden genauso entziehen wie früher den Vorgaben der Politik. Nur so erlangten die Leipziger Maler jene Eigenständigkeit, für die man sie heute rühmt. Dabei blieb die besondere Bindung von herausragenden Künstlern an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in der jüngeren deutschen Kunstgeschichte singulär. Ihre großartige Leistung, die Herausbildung einer international angesehenen Malerschule zwischen 1960 und 2015, gelang durch eine Genealogie der Meister, die dieses Credo weiterreichten – von einer zur nächsten Generation. Ein Glücksfall dieser Ausstellung ist es, dass mit Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer und Doris Ziegler zentrale Akteure dieses „Leipziger Kunstwunders“ (Eduard Beaucamp) aus verschiedenen Generationen und künstlerischen Milieus versammelt sind. Zur Attraktion der Galeriepräsentation trägt ebenso bei, dass Hedwig Döbele und Johann Döbele, seit Jahrzehnten auch der ostdeutschen Kunst verpflichtet, Raritäten aus allen Schaffensphasen zum Angebot bringt. Zu besichtigen ist ein kontrastreiches Zusammenspiel von Alltagssujets (u.a. Wolfgang Mattheuer: „Ein diesiger Tag“, 1984, „Gartenstillleben“, 1991), von Studien zu großen Geschichtsbildern (u.a. Werner Tübkes Frauenporträt aus seinem Wandbild „Arbeiterklasse und Intelligenz“, 1970) sowie von allegorischen Darstellungen (u.a. Doris Ziegler: „Holzvogel“, 1990 oder „In den Booten II“, 2021). Da finden sich Reminiszenzen an großartige Bildkarrieren – wie Wolfgang Mattheuers in der Ausstellung vertretenes „Liebespaar“, 1996, an sein berühmtes „Schwebendes Liebespaar“ aus dem Jahr 1970 anknüpft – genauso wie eindrückliche Impressionen von Künstlerreisen, welche die Leipziger anfangs an die Ostsee, später vor allem ans Mittelmeer führten. Auf diese Weise verdeutlichen die gezeigten Werke des Malertrios das Verbindende der Leipziger Schule wie auch die Varianzbreite des in diesem Verbund Geschaffenen. Werner Tübke war (neben Bernhard Heisig) zweifellos der Präzeptor der Etablierung der Leipziger Malerei, die anfangs programmatisch aus dem Fundus italienischer und deutscher Kunstgeschichte schöpfte. Wolfgang Mattheuer wurde berühmt, gleichermaßen in Malerei und Grafik, durch die von ihm vorangetriebene Ausdifferenzierung der Leipziger Kunst in alltagsnahe und zeitkritische Bildsprachen. Doris Ziegler wiederum trug im Rückgriff auf die Kunst der Zwischenkriegszeit mit ihrer „beseelten Sachlichkeit“ (Paul Kaiser) zur Erfolgsgeschichte der Leipziger Kunsthochschule bei und wurde zur wichtigsten Malerin der Leipziger Schule.

Dr. Paul Kaiser


Link zur Einführungsrede von Dr. Martin Stather

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