Wilhelm Müller
(Harzgerode 1928 - 1999 Dresden)
Wilhelm Müller, einziger Schüler Herman Glöckners, zählt zu den wenigen konstruktivistisch arbeitenden Künstlern in der DDR. Nachdem er im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg eine Ausbildung als Zahnmediziner begann und diese 1956 mit Promotion abschloss, beschäftigen ihn die Medizin und die Kunst lange Jahre gleichermaßen parallel. Vielen ist er deshalb als „Künstlerarzt“ in Erinnerung geblieben und oft fanden zahnmedizinische Präparate sogar Verwendung in seiner Kunst.
1963 machte Müller erste Bekanntschaft mit Glöckner. Sein Frühwerk war zu diesem Zeitpunkt zumeist noch dem Gegenstand verpflichtet. Immer wieder konnte er durch Reisen in den Westen jedoch auch Begegnung mit der aktuellen Kunstentwicklung machen (z.B. bei der documenta I. 1955 in Kassel), die ihn in seiner Idee vom Informell bestärkten. Nach ersten informellen Zeichnungen, Monotypien und Materialbildern, die häufig auch dem Zufall unterworfen sind, entwickelt sich sein Schaffen immer weiter konstruktivistisch. Unterstützung bei der Klärung bildnerischer Fragen findet er in dieser Zeit durch Glöckner.
1965 entwickelt Müller erste „Konstruktivistische Übungen“, die Gliederung eines Rechtecks durch Horizontale, Vertikale und Diagonale, das unterschiedliche Kompositionen entstehen lässt, die durch Klarheit und Schmucklosigkeit charakterisiert sind. Überraschend sind nicht nur die Sparsamkeit der verwendeten zeichnerischen Mittel sondern auch das Fehlen jeder Emotionaliät. Auch wenn Wilhelm Müller in der Kargheit seiner Arbeit der gleichzeitig international entstehenden Minimal Art nahe steht, so war sie ihm, nach eigenen Aussagen, zu wenig poetisch. Die manuelle künstlerische Bearbeitung blieb für sein Schaffen wichtig. Trotz seiner ausgiebigen Beschäftigung mit dem Konstruktivismus, blieb Müller bis zu seinem Tod stets dem Informell treu. Sein Schaffen ist zwischen beidem, Gesetz und Zufall, einzuordnen. (ED)